Schloss Almoshof

17. Oktober - bis 14. November 1993

Auszug aus der Eröffnungsrede von Petra Weigle (MA)

Im Nachdenken über den Ort und in der Verarbeitung der (ersten) Eindrücke, entstand der Titel der Ausstellung:'WENDEL'. Die alle Räume verbindende Treppe zieht sich, trotz ihrer wuchtig-stolzen Präsenz vor der fast trivialen Dominanz der massigen Fachwerkarchitektur im Gesamteindruck durchaus zurück. Worum es also geht ? es geht um Raum, um Wahrnehmung, aber auch um Geschichte.

Daß H. Kirsch seinen gedanklichen Rohstoff aus dem Ursprünglichen, aus der Archaik von Dingen, von Raum schöpft, ist vielen unter Ihnen natürlich bekannt

-zu erinnern ist hier an die Ausstellung im Kunsthaus 'Mod. Archaik', auch an die Ausstellung 'Betrachtungsraum/Handlungsraum' im INTERIM und auch an die Dokumentation dienender Dinge-
Ob Relikte aus der Alltagswelt (Verpackungsmaterial) auf den ihnen zugeschriebenen Wert akribisch untersucht und bis zur Unkenntlichkeit verändert werden, oder ob Baulichkeiten, wie in den Räumen von Interim oder hier das Schloß auf ihre archaische Komponente hin befragt werden, - immer steht das Erzeugen einer neuen, einer anderen Raumwahrnehmung dahinter und letztlich ist es die Betonung des Menschen und seiner Lebenssituationen gegenüber der ihn umgebenden zweckgerichteten Architektur, die Kirsch interessiert.

In dieser Ausstellung orientiert sich seine Vorstellung an Lage/Funktion und Wirkung der Räume, - immer mit Blick auf ein beziehungsreiches Spiel zwischen Geschichte und Architektur; d.h. er nimmt nicht nur die formale Spannung der Orte auf und kontrapunktiert und interpretiert sie durch die jeweilige Anordnung der Arbeiten (wie in den Wandobjekten 'Fühlen' und 'Sehen'), sondern er läßt sich auch vom 'Bedeutungsgehalt' der Räume inspirieren.

Die farbigen, industriell gefertigten Plexiglasplatten (der Arbeit 'Sehen' bereits angesprochen) sind fast nahtlos in die Gefache des dominierenden Holzfachwerks integriert worden, und die schwingenden fotomontierten Stahlobjekte (im Erdgeschoss) reagieren sensibel auf jede Luftbewegung und stehen dem mit kalter Luft angereicherten Eingangsbereich durch ihre sichtbaren und Wärme assoziirenden Glühfadenlampen entschieden entgegen. Es ist dann auch nur eine konsequente Haltung, daß die beiden Installationen 'Empfinden' und 'Hören' - um eine aus sich heraus sprechende Situation zu akzentuieren - immer wieder von neuem Kontakt mit den Gegebenheiten aufnehmen, denn hier hat Kirsch Assoziationen zu der ehemaligen militärischen Bedeutung (Wehrsportgruppe Hofmann) der Räume umgesetzt und durch eine Klanginstallation (Mauschelkammer) pointiert.

Die intellektuelle Brechung, die die Verbindung bekannter Raumelemente mit ungewohnten Formen und Materialien ergibt, ist daher nicht im Sinne von Metamorphose zu verstehen, sondern schon viel eher als Antwort, als Reaktion auf Vorgefundenes, - in erster Linie aber als Wirkung. Die Wirkung besteht im Erfahrbarmachen spezifischer architektonischer Formen, im Aufzeigen und Dokumentieren der Beziehung Einzelner/öffentl. Raum und freilich in der speziellen intermediären Arbeitsweise, die die Lösung des Publikums aus der Rolle des passiven Zuschauers voraussetzt.

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